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Europa erleben: Interview über den Besuch der Juniorbotschafter beim European Youth Event in Straßburg

 

Das Europäische Jugendevent (EYE2021) fand vom 8. bis 9. Oktober 2021 statt und brachte in diesem Jahr 10.000 junge Menschen online und in Straßburg zusammen, um ihre Ideen für die Zukunft Europas zu entwickeln und zu teilen, auch im Kontext der Konferenz zur Zukunft Europas. 

Nachdem wir hoffen möglicherweise in diesem Schuljahr als EP-Botschafterschule zertifiziert zu werden, haben auch unsere beiden Juniorbotschafter Nikolai Deyhle und Clemens Diener an der Veranstaltung teilgenommen. Sehr spontan, nachdem auch lange Zeit nicht feststand, ob das Event überhaupt als Präsenzformat stattfinden kann.

Hier das Interview, das die Schüler des Wahlkurses "Europa (er)leben" mit den beiden im Nachgang geführt haben. 

Weiter Infos zu EYE findet man unter https://european-youth-event.europarl.europa.eu/de/

Worum geht es?

Nikolai Deyhle: Wir waren in Straßburg beim Europäischen Jugendevent. Dieses wurde veranstaltet vom Europäischen Parlament und wir hatten uns da relativ spontan eigentlich beide angemeldet und waren dann da mit 5000-6000 anderen jungen Menschen von 16-30, viele Studenten, ein paar Schüler.

Clemens Diener: Und es ging, denke ich, einerseits darum, dass man auch mit vielen Menschen in Kontakt kommt und viele Gespräche führen kann und dass man andererseits aber auch merkt, dass Europa vielleicht gar nicht so fern ist und auch Europa an sich gar nicht so groß ist. Wenn alle Englisch sprechen, fühlt sich dann alles wieder sehr kompakt an. Es ging also einerseits um die Begegnung, aber auch darum, dass man politisch gesehen einen besseren Draht zur EU bekommt.

Niko: Ja.. wir hatten auch viele politische Workshops und Veranstaltungen. Über das ganze Wochenende war eigentlich das Europäische Parlament allein Schauplatz dieses Events. Es war wie so ein europäisches Dorf und es war alles voll mit jungen, politisch motivierten, engagierten Menschen. Wir haben dann an verschiedenen Workshops teilgenommen, Simulationsspielen z.B. auch über die Zukunft Europas, debattiert mit anderen jungen Menschen und uns ein paar zentrale Fragen gestellt und versucht, darauf Antworten zu finden. Und abends waren wir dann oft noch mit ein paar Leuten noch in der Stadt und kamen ganz viel ins Gespräch... einfach...ganz viele Begegnungen. Ich glaube, hätten wir mitgezählt, hätten wir bestimmt Leute aus 15 unterschiedlichen Nationen kennengelernt, vielleicht auch 20. Ich glaube aus jedem europäischen Land war jemand da, sogar aus Neu-Kaledonien, von einer pazifischen Insel, weil das Teil von Frankreich ist…

Was war das Interessanteste für euch?

Niko: Offiziell oder inoffiziell?

Clemens: Also ich finde es schwierig jetzt so eine Aktion rauszupicken. Es war schon das gesamte Event, aber was ich sehr interessant fand… es gab ein Simulationsspiel, bei dem man eigentlich in einem Ausschuss nach Fraktionen aufgeteilt saß und versuchte einen Artikel zu modifizieren und entsprechende Mehrheiten im Ausschuss zu finden. Man hat die Arbeit so sehr nah erfahren.

Niko: Ja, das ging mir eigentlich genauso. Das Simulationsspiel war von den Sachen tagsüber echt am spannendsten. Also… wir saßen da zwei Stunden im Ausschuss in einem Plenarsaal, wo sonst auch echte Abgeordnete sitzen und haben wirklich für unsere Inhalte gekämpft, obwohl der Clemens und ich tatsächlich zur Rechtsnationalen Fraktion zugeordnet wurden, Identity und Democracy, und das entspricht absolut nicht dem, was wir sonst an Werten teilen. Aber es war trotzdem total spannend politisch für seine Inhalte zu kämpfen, zu versuchen Mehrheiten zu bekommen, Kompromisse einzugehen und es war halt wirklich total realistisch. Und sonst inoffiziell… ich fand gerade abends mit den ganzen vielen jungen Menschen irgendwie in der Stadt einfach was zu trinken und zu reden und einfach ins Gespräch zu kommen und überhaupt so viele neue Menschen aus ganz Europa kennenzulernen mit so unterschiedlichen Hintergründen, aber trotzdem so ähnlichen Werten und und Idealen… das war total spannend…

Was habt ihr sonst noch erlebt?

Clemens: Also gleich am ersten Tag, da waren wir beim Stand „Klimaneutrales Parlament“ und da ging es darum, dass die Verwaltung im EP möglichst klimafreundlich wird und konkret ging es z.B. um Mülltrennung und Emissionen bei der Anreise. Und das war auch ein sehr interessanter Punkt ... aber da arbeiten 23000 Beamte und die müssen natürlich dann auch immer umziehen zwischen Brüssel und Straßburg einmal im Monat und das ist natürlich schon ein entscheidender Faktor wenn’s um nachhaltige Entwicklung geht.

Niko: Oder sonst am ersten Tag hatten wir auch noch so eine Art Workshop mit mehreren Abgeordneten, zwei auch aus Deutschland, ein CDU-Politiker und einer von Die Linke, und da ging es eigentlich um die europäische Außenpolitik oder die europäische Verantwortung gerade an den europäischen Außengrenzen aber auch darüber hinaus und wir waren dann in dem Team, das sich nach Süden orientierte. Da ging es dann v.a. um Afrika und Saudi-Arabien und da haben wir dann v.a. mit den portugiesischen Abgeordneten auf Englisch in einer Kleingruppe aus 5-6 Leuten einfach ein paar Punkte überlegt wie wir nach unserer Auffassung außenpolitisch als Europa besser agieren könnten. 

Wie sah das Publikum aus? Gab es mehr Männer oder Frauen? Und wie war die Altersverteilung?

Niko: Schwer zu sagen… also vermutlich war es ungefähr ausgeglichen, aber bei den jüngeren würde ich sagen, waren vielleicht sogar mehr Frauen.

Clemens: Hätte ich jetzt auch so gesehen…

Niko: Aber es war auch ganz unterschiedlich was an Leuten da war, weil… ich weiß noch… mit ein paar saßen wir in der Mittagspause draußen und haben gegessen an irgendeinem Tisch und das war ganz lustig, weil am Nebentisch saßen nur junge Männer aus Italien alle mit Anzug und ganz offiziell und am übernächsten Tisch saßen wiederum ein paar Ökos eher so mit langen Haaren und ganz entspannt einfach…einfach Leute aus ganz vielen unterschiedlichen Hintergründen.

Clemens: Aber wahrscheinlich war es ziemlich ausgeglichen. Die ganze Veranstaltung war ja für junge Leute von 16-30 und das war dann alles sehr gemischt, aber hauptsächlich halt Studenten.

Niko: Ich würde schon sagen, dass wir mit die jüngsten waren. Aber das hat gepasst so.

Clemens: Ganz viele sind ja auch in Gruppen angereist und das ging ganz häufig ja auch über irgendwelche Parteien und NGOs, Erasmus z.B. Europabotschafter von Schulen haben wir eigentlich gar nicht getroffen.

 

Hat die Teilnahme an der Veranstaltung eure Sicht auf Europa verändert?

Niko: Ich würde eigentlich sagen, dass Europa einfach so viel näher gerückt ist, also… keine Ahnung … wenn man europäische Politiker im Fernsehen sieht, das kommt einem halt ganz weit vor, irgendwie es hat wenig Bezug zu einem selbst und wenn man dann plötzlich in einem Plenarsaal sitzt, wo man jetzt grad vor ein paar Tagen im Fernsehen erst gesehen hat, dass an dem Platz, wo wir saßen, vor zwei Tagen Ursula von der Leyen saß, dann ist es halt schon eine total lustige Vorstellung und vor allem war man dann ja auch tatsächlich in Interaktion mit Abgeordneten und auch sonst an den politischen Prozessen beteiligten und dann hat sich das irgendwie so ganz nah und ganz pragmatisch und reell angefühlt und nicht mehr so weit weg irgendwie.

Clemens: Ich fand auch, auch bei den deutschen Entscheidungen im Bundestag  oder so, da sieht man auch viel dazu in den Nachrichten. Das ist jetzt bei europäischen Entscheidungen viel weniger und dadurch, dass man dann einmal da war, wurde das auch alles viel greifbarer.

Hat sich eure Sicht auf Politiker verändert?

Niko: Also in einem Punkt hab ich wirklich einen kleinen Sinneswandel durchgemacht… Das Verständnis dafür, wie Demokratie funktioniert und wie demokratische Entscheidungen zustande kommen hat sich bei mir schon stark verändert. Ich finde vor allem durch das Simulationsspiel. Weil davor… man denkt sich halt „ja die Politiker stellen sich da vor die Kamera und erzählen dann sie haben jetzt irgendwelche neuen Gesetze gemacht“ und das ist halt alles wenig greifbar und dann fragt man sich, „wieso ist das Gesetz jetzt so kompliziert und so bürokratisch und wieso haben sie es nicht dies und jenes…“. Aber man muss sich halt echt vor Augen führen, gerade in Europa ist es halt noch viel krasser, weil da echt Abgeordnete aus allen Mitgliedsländern kommen, sodass man halt bei jedem Gesetz immer Kompromisse eingehen muss. Und das ist einerseits total spannend, macht es andererseits aber auch voll kompliziert. Da wird von irgendeiner Fraktion ein Gesetz vorgeschlagen und dann sagen die anderen „ja, wir stimmen da dafür, aber nur wenn ihr dies und jenes dafür tut“.

Clemens: Ja, ich fand auch, dass man gesehen hat, wie kompliziert eigentlich alles ist und wie viele politische Organe und Akteure dahinterstehen und Verwaltungspersonal… also wie komplex das Ganze ist. Andererseits hat man dann aber auch z.B. in den Ausschüssen gesehen, dass so ein Politiker ja jetzt nicht unbedingt in der Menge unter über 700 anderen untergeht, sondern dann schon auch Mitsprachemöglichkeiten hat.

Würdet ihr das auch gerne beruflich machen?

Clemens: Ganz allgemein finde ich das schon interessant irgendetwas mit Politik zu machen. Jetzt konkret als Abgeordneter, glaube ich, ist es sehr sehr stressig. Es ist sehr viel zu tun. Auch ist man natürlich dann ganz viel immer in Straßburg und Brüssel, ganz weit weg von hier zum Beispiel. Von früh bis spät und an den Wochenenden ist immer was los, es ist immer voll und man hat jetzt keine freie Zeit oder auch Zeit für andere Sachen. Es ist schon mehr als ein Vollzeitjob. Das schreckt mich ein bisschen ab.

Niko: Ja, ich glaube, es wäre schon extrem spannend in so einer Position sein zu dürfen. Aber es wäre gleichzeitig auch total falsch, wenn man sagen würde „okay, ich mache jetzt mein Abitur, danach studiere ich Jura und dann will ich in die CSU-Landesliste und will dann mit 25 im Parlament sitzen“. Denn so funktioniert Demokratie nicht. Also entweder die Leute da draußen, die haben Lust auf mich und wollen mich wählen oder nicht. Und wenn nicht, dann kann ich , egal was ich studiere, da auch nicht reinkommen und das ist auch gut so, weil ich bin einfach als Politiker dann ein Vertreter der Menschen und das ist irgendwie die Hauptaufgabe. Aber ich glaube, z.B. jetzt so an sich im EP, es ist ja wirklich eine Rieseninstitution und da jetzt irgendwie mitzuarbeiten als Sekretär oder Berater oder für irgendeinen Abgeordneten irgendwie im Büro, ich glaube, das könnte ich mir schon vorstellen.

 

Mit welchen Erwartungen seit ihr zum European Youth Event gefahren?

Niko: Meine waren gar nicht so groß. Ich dachte einfach… ja… Straßburg für zwei Tage, wieso nicht? Machen wir. Politisch sind wir auch interessiert… Ich dachte es wäre viel kleiner. Also auch als wir am ersten Tag da hingelaufen sind da…

Clemens: … ja … wir sind die ganze Zeit an so einem Kanal entlanggelaufen und da war kein Mensch. Und da gingen dann so Treppen hoch… da war dann plötzlich alles voller Menschen. Das war riesig irgendwie. Ich hatte jetzt auch nicht so große Erwartungen. Ich hab mir eigentlich gar nicht so viel darunter vorgestellt, denn es war ja auch eher spontan und wir wussten ja erst auch überhaupt nicht, ob wir da reinkommen.

Niko: Ich glaube die Unterkunft haben wir dann fünf Tage davor erst gebucht.

Clemens: Natürlich… wir haben uns davor schon auch so ein Video angeschaut über die letzten Events, und wir haben auf jeden Fall gesehen, dass viele Menschen zusammenkommen, aber sonst hat man jetzt nicht so viel darüber erfahren und darum war es auch eher spannend und überraschend wie es dann wirklich werden würde.

Niko: Aber ich glaube, wir waren beide auf jeden Fall positiv überrascht und es hat sehr getaugt.

 

Euer Fazit

Niko: Ich bin in Straßburg ein Fan von Europa geworden… noch viel mehr als je zuvor, sodass ich tatsächlich, weil ich in Straßburg auch paar Leute von Volt kennengelernt habe, einer paneuropäischen Partei beigetreten bin. Das war ziemlich spontan, kurzfristig. Ich hab mich in Straßburg  sogar noch dafür angemeldet und mittlerweile bin ich auch Parteimitglied von Volt. Und ich glaube, das sagt eigentlich schon vieles darüber aus… dass es irgendwie sehr sehr spannend war und mich voll gefesselt hat.

 

Clemens: Mich hat Europa auch davor schon fasziniert, aber ich finde, dass das ein Super-Event und ich kann es auch nur jedem raten, der irgendwie politisch interessiert ist, daran teilzunehmen… 

 

Kb (24.10.2021)

 

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